"Wer die Pflicht hat, Steuern zu zahlen,
hat auch das Recht, Steuern zu sparen"

Internationales Familienrecht

Globalisierung und Migration führen zu immer mehr Lebensgemeinschaften, deren Mitglieder verschiedene Staatsangehörigkeit haben. Sie leben nicht in einem rechtsfreien Raum. Aber wie werden deren Rechtsverhältnisse geregelt? Welche Rechtsordnung, das Recht welchen Staates findet auf sie Anwendung? Wie regelt das „fremde“ Recht die Probleme von Ehe, Familie und Partnerschaften?

Für in Deutschland lebende Menschen oder für Menschen, die einen vom Aufenthalt verschiedenen Anknüpfungspunkt an Deutschland haben, gibt das deutsche Internationale Privatrecht (IPR) die Antwort – oder auch mehrere. Nach alter Denkweise steht beim Familienrecht das Eherecht im Vordergrund. Nach welchem Recht richten sich die allgemeinen Wirkungen der Ehe? Artikel 14 des Einführungsgesetzes zum BGB (EGBGB) knüpft wie eine Leiter an folgende Sachverhalte an:

  1. In erster Linie gilt das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören oder während der Ehe zuletzt angehört haben, wenn einer von Ihnen diesem Staat noch angehört. Anknüpfungspunkt: Gemeinsame Staatsangehörigkeit sowie letzte gemeinsame, einseitig beibehaltene Staatsangehörigkeit.

  2. Fehlt es an der gemeinsamen oder früher gemeinsamen Staatsangehörigkeit, so gilt das Recht des Staates, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder während der Ehe zuletzt hatten, wenn einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Anknüpfungspunkt: Gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthalt sowie letzter gemeinsamer, einseitig beibehaltener gewöhnlicher Aufenthalt.

  3. Greift auch das nicht, so soll das Recht des Staates gelten, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind. Anknüpfungspunkt dieses Auffangtatbestandes, der bei einer Gesamtschau der Beziehungen immer gegeben sein muss, wenn Staatsangehörigkeit oder Aufenthalt als Anknüpfungspunkt ausfallen: Andere relativ engste Verbindung zu einem Staat.

Zusätzlich zu diesen gesetzlich geregelten Anknüpfungspunkten können in begrenztem Umfang die Ehegatten das für sie gültige Ehewirkungsstatut mit notariellem Vertrag wählen.

Das ist der Fall, wenn

1. ein Ehegatte Doppelstaatler ist und der andere Ehegatte ebenfalls Angehöriger eines dieser Staaten ist. So können dem Heimatrecht dieses Staates die allgemeinen Wirkungen der Ehe unterstellt werden, selbst wenn der Doppelstaatler weitaus engere Beziehungen zu seinem anderen Staat unterhielte;

2. die Ehegatten keine gemeinsame Staatsangehörigkeit haben oder kein Ehegatte mehr die Staatsangehörigkeit hat, die sie zuvor gemeinsam hatten und wenn kein Ehegatte die Staatsangehörigkeit des Landes besitzt, in dem sie sich jetzt gewöhnlich aufhalten. Dann können sie als Ehewirkungsstatut das Recht des Staates wählen, dem einer von ihnen jetzt angehört;

3. die Ehegatten keine gemeinsame Staatsangehörigkeit haben oder kein Ehegatte mehr die Staatsangehörigkeit hat, die sie zuvor gemeinsam hatten – (insoweit identisch mit Ziffer 2) – und jetzt ihren gewöhnlichen Aufenthalt getrennt in verschiedenen Staaten haben. Dann können sie als Ehewirkungsstatut das Recht des Staates wählen, dem einer von ihnen jetzt angehört.

Wenn Sie jetzt meinen, Sie wüssten, welches Sachrecht (Eherecht welchen Staates) auf einen konkreten Fall allgemeiner Ehewirkung anzuwenden sei, können Sie falsch liegen.

Die Verweisung der deutschen Kollisionsnormen in Artikel 14 EGBGB könnte zwar nur bedeuten, dass das ausländische Ehewirkungsrecht anzuwenden sei, das wäre aber falsch. Tatsächlich enthalten die Verweisungen in Artikel 14 keine bloßen Sachnormverweisungen, sondern stellen nach herrschender Meinung Gesamtverweisungen dar.

In die Verweisung sind auch die Kollisionsnormen des ausländischen Staates, also dessen internationales Privatrecht, eingebunden. Solche ausländischen Gesetze könnten zum Beispiel den Aufenthalt als Anknüpfungspunkt gegenüber dem Staatsangehörigkeitsprinzip favorisieren und bestimmen, dass das Heimatrecht des Aufenthaltsortes gelten soll. Das würde eine Rückverweisung oder Weiterverweisung (Renvoi) vom Staatsangehörigkeitsort auf den Aufenthaltsort beinhalten. Als Folge der Rückverweisung ist dann das Ehewirkungsrecht des Aufenthaltsstaates zu verwenden.