Kriminalitätsopfer leiden oft doppelt und dreifach: Nicht nur durch die Tat selbst und deren unmittelbare Folgen, sondern auch durch langfristige Gesundheitseinbußen und finanzielle Nachteile. Nur wenige wissen, dass das Opferentschädigungsgesetz für diese Menschen Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz gewährt. Eigentlich eine gute Sache. Aber in der Realität werden Opferentschädigungen kaum in Anspruch genommen.
Nur etwa acht Prozent aller Opfer von Straftaten stellen einen Antrag auf Opferentschädigung beziehungsweise haben damit Erfolg. Denn oft informieren weder Staatsanwaltschaft noch Polizei über die Möglichkeit der Opferentschädigung vom Staat. Dabei sollte durch das Gesetz zur Opferentschädigung ein Mindestmaß an Unterstützung für Opfer von Straftätern gewährleistet werden, denn diese laufen meistens - weil der Täter inhaftiert und pleite ist - beim Verantwortlichen mit ihren Ansprüchen ins Leere. Sollte nicht der Staat dieses Risiko absichern, indem er die Opferentschädigung vorleistet und selbst Regress beim Straftäter nimmt? Dies ist das Ziel, das hinter dem Gesetz stand. Trotzdem: Nur die wenigsten nehmen das Recht auf Opferentschädigung wahr.
Diese Unkenntnis hat oft schicksalhafte Folgen.
Wer durch eine Straftat seine Arbeitsfähigkeit verliert, rutscht schnell ab in Hartz-IV: Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust der Wohnung, sozialer Abstieg. Mit 351 Euro (plus Erstattung der Miete für eine „angemessene“ Wohnung) muss der Betroffene im Monat auskommen. Um all diesen Gefahren für die persönliche Existenz nach einer Straftat zu begegnen, ist schnelles Handeln erforderlich, denn Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz auf Opferentschädigung werden erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gewährt. Wer zu lange zögert, beschleunigt die Gefahr des sozialen Abstiegs.
Was sind die Voraussetzungen für Entschädigungen?
Ausgangspunkt des Anspruchs ist ein vorsätzlicher und rechtswidriger Angriff, durch den der Antragsteller verletzt wurde. Erstattet werden insbesondere Behandlungskosten. Auch Rentenleistungen werden gewährt. Wichtig zu wissen: Es gibt vom Staat keinen Ersatz für die unmittelbar durch die Angriffshandlung entstandenen Schäden zum Beispiel an der Kleidung oder der Brille. Auch für ein Schmerzensgeld kommt der Staat nicht auf. Diese Ansprüche müssen direkt beim Täter geltend gemacht werden.
Ebenfalls nicht vergessen werden darf, dass die Geltendmachung von Ansprüchen auf Opferentschädigung eine Sache des Sozialrechts ist; das Strafrecht dagegen wird angewendet, um festzustellen, ob dem Täter eine Tat nachzuweisen ist und wie der Täter gegebenenfalls zu bestrafen ist. Urteile eines Strafgerichts binden die Versorgungsämter nicht. So ist auch zu erklären, dass teilweise Ansprüche nach dem Opferentschädigungsgesetz greifen, obwohl der Täter freigesprochen wird. Dann trifft die Uneinbringlichkeit der Forderung den Staat und nicht das Opfer. Der Betroffene konnte durch schnelle Hilfe aber vor dem sozialen Abstieg bewahrt werden. Genau das ist der Sinn der Opferentschädigung.
Die Geltendmachung der Ansprüche ist für die Betroffenen eine weitere Belastung.
Für viele, die unter den psychischen Folgen einer Straftat leiden, sind die Beschäftigung mit der Realisierung von Ansprüchen, lästige Streitereien mit Versicherungen und so weiter eine unzumutbare Aufgabe. Deshalb sollte nach einem solchen Schicksalsschlag unbedingt und ohne Zögern ein Rechtsanwalt aufgesucht werden. Spezialisten für solche Fälle werden in der Umgangssprache auch Opferanwalt genannt.
Ein Opferanwalt kann die mühseligen Verhandlungen mit Haftpflichtversicherungen und dem Täter selbst übernehmen. Oft liegen solche Tätigkeiten auch im Interesse des Täters - Ausgleichsverhandlungen im Vorfeld werden oft als Täter-Opfer-Ausgleich mildernd von den Gerichten gewürdigt. Vernehmungen von Zeugen, Tätern und Tatopfern werden und müssen oft auch von den Versorgungsämtern selbst vorgenommen werden, wenn die Aktenlage dies erfordert - beurteilen kann diese im Interesse des Betroffenen liegenden Aspekte am besten ein Opferanwalt. Denn häufig warten Behörden, die chronisch knapp bei Kasse sind, mit der Prüfung der Ansprüche auf Entschädigung ab, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist - oft zu spät, um den sozialen Abstieg des Opfers noch zu verhindern.
Zeitverlust ist bei der Frage der Opferentschädigung die größte Gefahr. Wer rechtzeitig einen Anwalt beauftragt, kann dieser Gefahr effektiv begegnen.